Liebe Leserinnen und Leser,
Ihnen als Anleger stehen aufregende Wochen bevor. Denn das zweite Quartal ist zu Ende und die neue Berichtssaison steht an. Nun gibt es einen ersten Vorgeschmack – und zwar vom US-Ölgiganten Exxon Mobil. Und dieser fällt nicht gerade berauschend aus.
SEC-Filings: Exxon Mobil erleidet Ergebniseinbruch in Q2
Wie Exxon vor wenigen Tagen im Rahmen seiner SEC-Filings (Berichtspflicht gegenüber der US-Börsenaufsicht SEC) signalisierte, ist der Betriebsgewinn im zweiten Quartal 2023 offenbar massiv eingebrochen. Konkret ging das operative Ergebnis im Vergleich zum Vorjahreszeitraum demnach um 56 Prozent auf 7,8 Milliarden US-Dollar nach unten.
Der Grund: die gefallenen Erdgaspreise und die inzwischen wieder niedrigeren Raffinationsmargen. Am letzten Mittwoch etwa notierten die US-Erdgas-Futures bei nur noch 2,65 US-Dollar mmBTU (million british thermal units). Zum Vergleich: Im zweiten Quartal 2022 waren teils noch Preise von knapp 9 Dollar pro mmBTU gehandelt worden.
Damals hatte der Ukraine-Krieg die globalen Energiepreise auf ein Rekordniveau getrieben. Diese Rallye ist inzwischen aber längst vorüber, auch weil viele große Volkswirtschaften ihren Erdgasverbrauch signifikant senkten. Für Exxon Mobil hat das Konsequenzen.
So liefen die einzelnen Geschäftsbereiche
Den SEC-Filings zufolge schrumpfte das Ergebnis des Upstream-Geschäfts, also der Förderung von Öl und Gas, um rund 2,2 Milliarden Dollar gegenüber Q1. Im ersten Quartal 2023 hatte es Exxon hier noch auf 6,5 Milliarden Dollar geschafft. Allein die niedrigeren Marktpreise für Erdgas belasteten das Ergebnis in Q2 demnach im Schnitt um 2 Milliarden Dollar.
Aber auch im Geschäft mit den Raffinerien musste der Rohstoffgigant offenbar erhebliche Abstriche machen. Hier schrumpfte das Ergebnis gegenüber Q1 um rund 2,1 Milliarden Dollar. Einziger Lichtblick war demnach das Chemiegeschäft. Dieses entwickelte sich besser als im ersten Quartal und steigerte sein Ergebnis auf rund 800 Millionen Dollar. Das entspricht einer Verdopplung im Vergleich zu Q1.
Keine Rettung durch Raffinerien mehr
Dass die Sonderkonjunktur für Big Oil vorüber ist, ist seit einigen Monaten klar. Im ersten Quartal konnte Exxon wie die meisten seiner Konkurrenten aber noch starke Gewinne erzielen – in Höhe von 11,4 Milliarden Dollar. Auch wenn im ersten Jahresviertel die Preise für die fossilen Brennstoffe bereits gefallen waren, verdienten die großen Konzerne im Raffinationsgeschäft prächtig.
Der Grund: Unternehmen wie Exxon Mobil nutzen für die Raffination auch hinzugekauftes Öl und Gas. Da diese günstiger wurden, stiegen die Gewinnmargen der Raffinerien. Dass das Ergebnis des Raffinationsgeschäfts im zweiten Quartal nun offenbar so stark rückläufig war, könnte ein Signal dafür sein, dass der Markt inzwischen nicht mehr dazu bereit ist, die zuvor hohen Preise für solche Produkte zu bezahlen. Das wiederum könnte mit einem niedrigeren Bedarf bzw. Konjunkturängsten zu tun haben.
Entsprechend fiel die Reaktion der Börse am Donnerstag aus, wie Sie im Chart sehen können (Stand: 06.07.2023, 9:00 Uhr, Börse Stuttgart):
Quelle: www.aktienscreener.com
Der gelbe Pfeil ganz rechts zeigt die Abwärtsbewegung nach den am Mittwoch veröffentlichten SEC-Filings.
Mein Fazit für Sie
Klar: Sollten sich die vorläufigen Ergebniswerte zu Q2 bestätigen, hätte Exxon immer noch einen hohen Profit eingefahren. Im zweiten Quartal 2021 etwa hatte der Konzern „nur“ 4,7 Milliarden Dollar verdient und damit weniger als nun offenbar in Q2 2023. Ein weiteres Jahr zuvor hatte Exxon wegen der Corona-Pandemie und der damals extrem eingebrochenen Öl- und Gaspreise gar einen Quartalsverlust hinnehmen müssen.
Ein Desaster sind die neuen Zahlen also nicht. Auf der anderen Seite hat sich die Exxon-Aktie seit Beginn von Putins Invasion in der Ukraine bereits massiv verteuert. Zwischen Ende Februar 2022 und Anfang Juli 2023 legte das Papier unterm Strich um satte 51 Prozent zu. Der mit Abstand größte Zugewinn entfiel freilich auf das erste Halbjahr 2022, zum Teil aber auch auf die Herbstrallye.
Die Aktie ist demnach nicht mehr ganz so günstig. Das für 2023 erwartete Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) liegt inzwischen bei 11,3 Zählern und die entsprechende Dividendenrendite bei 3,46 Prozent (via Marketscreener, Stand: 06.07.2023). Klar, das ist ebenfalls noch längst nicht verheerend – absolute Spitzenklasse aber auch nicht mehr.
Hinzu kommt gerade bei Exxon Mobil die ungewisse langfristige Perspektive. Im Vergleich zu vielen europäischen Öl- und Gaskonzernen engagieren sich die Amerikaner weit weniger im Bereich der erneuerbaren Energien. Das könnte Exxon später auf die Füße fallen.
Achten Sie als Anleger jetzt unbedingt auf den 28. Juli. Dann nämlich will Exxon seine endgültigen Zahlen zum zweiten Quartal 2023 offiziell präsentieren und wird detailliertere Angaben wohl auch zur weiteren Geschäftsentwicklung machen.
Erfolgreiche Investments
wünscht Ihnen
Marco Schnepf
Redaktion „Rohstoff-Giganten“
Redaktionsschluss: 06.07.2023, 13:30 Uhr. © VNR AG, alle Rechte vorbehalten.
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