Liebe Leserin, lieber Leser,
am Montag war die schwierige Lage im deutschen Handel sogar in den Hauptnachrichten ganz oben auf der agenda. Die Zahlen, die die Statistiker des Bundesamts (Destatis) in Wiesbaden vermeldeten, waren so schlecht, dass diese schlicht nicht mehr ignorier- oder kaschierbar waren. Zweifelsohne.
Handel in der Krise
Kurzum, die Einzelhandelsunternehmen in Deutschland haben nach vorläufigen Zahlen von Destatis im ersten Halbjahr 2023 real (preisbereinigt) 4,5 Prozent weniger umgesetzt als im 1. Halbjahr 2022. Im Vergleich hierzu stiegen die nominalen (nicht preisbereinigten) Umsätze um 3,6 gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Die Differenz zwischen den nominalen und realen Ergebnissen spiegelt den Statistikern zufolge das deutlich gestiegene Preisniveau, sprich die Teuerung im Einzelhandel wider. Besonders bitter: die Einnahmen fielen Destatis zufolge auch im Juni um 0,5 Prozent niedriger aus als im Vormonat. Inflationsbereinigt (real) gab es sogar einen Rückgang von 0,8 Prozent. Wie so oft, ja wie eigentlich immer in den letzten Wochen und Monaten waren die „Experten“ im Vorfeld wieder viel zu optimistisch gestimmt. Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem realen Wachstum von 0,2 Prozent gerechnet.
Kontinuierliche Rückgange im Handel mit Lebensmitteln
Extrem beachtlich ist, dass die Umsätze im Einzelhandel mit Lebensmitteln nun schon seit zwei Jahren im Vergleich zum Vorjahresmonat real rückläufig sind. Es handelt sich hier also schon um eine außerordentlich lange Durststrecke! In den ersten sechs Monaten des Jahres 2023 verbuchte der Umsatz im Einzelhandel mit Lebensmitteln gegenüber dem 1. Halbjahr 2022 real einen deutlichen Rückgang von 5,8 %. Die Statistiker versuchen diesen Niedergang damit zu erklären, dass die Nahrungsmittelpreise stark gestiegen sind. Laut Destatis waren diese in der ersten Jahreshälfte 2023 der stärkste Preistreiber der Gesamtteuerungsrate. Der starke Anstieg der Lebensmittelpreise dürfte zugleich die wesentliche Ursache für den Rückgang der realen Umsätze der Branche sein.
Weitere Sektoren leiden
Aber auch im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln sowie im Internet- und Versandhandel gibt es massive Probleme. Hier lagen die Umsätze ebenfalls deutlich unter Vorjahresniveau. Beim Umsatz im Einzelhandel mit Nicht-Lebensmitteln kam es im ersten Halbjahr zu einem realen Rückgang von 3,6 Prozent. Besonders hoch fiel der Umsatzrückgang im Internet- und Versandhandel aus, der im Zeitraum von Januar bis Juni 2023 ein Minus von real 7,3 Prozent aufwiese. Ein ähnliches Bild zeigt auch die Umsatzentwicklung der Baumärkte. Hier sanken die Umsätze real um 6,9 Prozent. Das stimmt mehr als nur bedenklich.
Ja, liebe Leserin, lieber Leser, Teuerung, Lieferengpässe, Konjunkturflaute: der deutsche Einzelhandel steckt in der Krise. Die Unternehmen bekommen die schlechte Konsumstimmung zu spüren. Der Hauptgeschäftsführer des Handelsverbandes Deutschland (HDE), Stefan Genth, erwartet folglich für das Gesamtjahr 2023 ein reales Umsatzminus von vier Prozent. Die Verbraucher sind vorsichtig und achten mehr auf Sonderangebote. Kurzum die Menschen halten ihr Geld eher zusammen. Wir können nach wie vor nur vor Investments mit Schwerpunkt „deutscher Konsum“ warnen. Finger Weg!
Herzlichst
Ihr
Günter Hannich
Redaktionsschluss: 2.8.2023, 1.03 Uhr © VNR AG, alle Rechte vorbehalten.
|